Ich denke, also bin ich. Oder: Läßt sich die Filterblase zur Flugkugel umbauen?

Ich denke, also bin ich. Oder: Läßt sich die Filterblase zur Flugkugel umbauen?

Auf der Wiese unter dem Himmel
Quelle: privat

Wir flüchten. Wovor eigentlich?
Vor der Beschränktheit unserer Existenz, zeitlich, intellektuell, emotional, künstlerisch-schöpferisch.

Dabei sollte uns doch wohl viel eher weiterhin eine kindliche Neugier beflügeln. Schon als ungeborene Lebewesen nehmen wir unsere Umgebung wahr. Was davon wir allerdings zu "unserer" 'Welt' "machen", an uns heranlassen, in uns hineinlassen und - auch - worauf wir uns einlassen, das unterliegt schließlich unterschiedlichen Faktoren wie kulturellem Habitus und sozialen Prägungen durch unser Umfeld, hägt davon ab, welchen Anreizen und Grenzen wir dort begegnen, was auf unserem Lebensweg unserer individuellen Entwicklung zugute kommt oder eben diese hemmt.

"Was Hänschen nicht lernt, das lernt Hans dann eher schwer."

Eine gewisse genetisch-evolutionäre Grundausstattung muß der Mensch wohl mitbekommen haben, vorgeburtlich, ideell, seelisch. Er wäre wohl sonst kaum in der Lage, sich (weiter) zu entwickeln. Das führt doch unweigerlich und unmittelbar zu einer Kernfrage unseres Daseins, nämlich:

Was macht den Menschen zum Menschen?

Wer ist das das "Ich", wer spricht da von und über sich? Und was beudeutet überhaupt "denken"? Um denken zu können, braucht es Wahrnehmungen und Erfahrung(en) aus deren Verarbeitung und Inkorporation (=Lernen) schließlich Raum und Zeit für Weiterentwicklung entsteht. Hierzu der Neurobiologe Gerald Hüther (2015), in seinem lesenswerten Buch "Mit Freude lernen - ein Leben lang. Weshalb wir ein neues Verständnis vom Lernen brauchen":

Aus biologischer Sicht heißt Lernen nichts anderes, als lebendig zu bleiben.
Wer nichts mehr lernen kann, ist tot.

Leben wir also vermehrt in einer Gesellschaft gedankenleerer Untoten, in die uns die zu Dikaturen verkommenden "westlichen" Demokratien auch mittels deren Anführer verwandeln? Zur Anpassung konfektioniert, manipuliert und fremdgesteuert?

Nochmals Hüther (a.a.O., S. 16) bezugnehmend auf lebendige soziale Ökosysteme:

Weil Leben niemals ein stabiler Zustand ist und Lebewesen nur lebendig bleiben können, indem sie sich fortwährend weiterentwickeln, geht dieser Verlust an Vielfalt und Unterschiedlichkeit zwangsläufig auch mit einem Verlust an Entwicklungsfähigkeit des jeweiligen Systems einher.

D.h. folglich auch: Ein Einengung unserer geistigen Beweglichkeit lähmt nicht nur die persönliche Weiterentwicklung sondern (gerade dadurch) auch gesellschaftlich-kulturellen Fortschritt, steht ihm immer 'vollständiger' unverständig im Wege. Läuft ihm zuwider, ignoriert, vereitelt und verhindert ihn buchstäblich.

Unter anderem durch gezielte mediale Reizüberflutung, die Predigt einer angeblich unabdingbaren und als umumkehrbar präsentierten global(isierend)en konsumistischen Haltung, wobei diese Haltung eher konditioniertes Verhalten ist, ein Verlangen nach etwas bislang gerade vorhin noch nicht "individuell" Immanentem, als eine Verführung also zu etwas nicht Benötigtem, Nutzlosem durch seinerseits meist durch Mammon selbst verführte (Ver-)führer.

Diese Anführer, Meinungsmacher und auch deren Financiers "im Hintergrund", denen es vordergründig um Profit und in letzter Konsequenz nur um Macht geht, um von den eigenen Unzulänglichkeiten und Beschränktheiten abzulenken. "Wir amüsieren uns noch zu Tode", hat das nicht seinerzeit (schon) Neil Postman treffend angemerkt?

Wir als potentiell mündige Weltenbürger lassen uns aus Gewohnheit, also weil es eben bequem und unaufwendig ist, mit Datenkonfetti bestreuuen, suchen die Zerstreuung unter Ausblendung dessen, was für unser (Über-)Leben jedoch bedeutsam sein könnte und sollte. In einen Strudel, einen Sog von Non- und Desinformation hineingezogen, lassen wir es weiterhin zu, daß unsere individuelle Gedankenfreiheit eingeschränkt, unsere online- und "offline"-Bewegungen verfolgt und unser persönlicher zwischenmenschlicher Austausch, der leider - viel zu häufig - vornehmlich als computer mediated communication stattfindet - statt von Angesicht zu Angesicht - auch noch überwacht wird...

Ich fordere Euch auf: Redet Euch zusammen, frönt dem Querdenken, der Muße und Eurer viel zu oft noch schlummernden Kreativität, auf Wienerisch: "Tat's wos", los geht's, jetzt!